Tag 14 Fr 17.11.2006 71 km Traumstraße Teil 2
(La Mula - Pilón)

Ich stand auf und packte ganz in Ruhe das Gepäck zusammen. Gestern hieß es, dass es Frühstück ab 7.30 Uhr geben sollte und ich hatte genug Zeit, mir den Kiesstrand anzusehen. Dieser liegt direkt neben einem Fluss und es vermischen sich hier Salz- und Süßwasser. Am Verkaufsstand wartete ich mit ein paar Kubanern auf den Koch, der ein paar Minuten später kam. Er schaffte es in 15 Minuten seine Kochschürze anzuziehen und drei Tüten Soja-Jogurt aufzureisen. Mir wurde die Warterei zu blöd und fuhr ohne Frühstück los.

Die 12 Kilometer bis Las Curvas waren landschaftlich großartig. Rechts erhob sich der fast 2000 Meter hohe, wolkenfreie "Pico Turquino", links die wilde Küste. An dieser befinden sich zahlreiche kleine, felsige Buchten mit einem klitzekleinen Sandstrand. Für mich sind das Traumstrände. Dagegen finde ich lange Sandstrände langweilig. Einfach herrlich. Diese Teilstrecke sollte man nicht im Dunkeln fahren. Sie entschädigte ein wenig für die verpasste Bergbesteigung. Um 8.30 Uhr traf ich im Besucherzentrum des Nationalparks der Sierra Maestra ein und informierte mich über die Besteigung des Pico Turquinos. Die Reiseführer treffen keine klare Aussage für Radfahrer. In Las Curvas gibt es keine Übernachtungsmöglichkeiten, aber man kann beim Besucherzentrum problemlos campen. Um 4.00 Uhr morgens beginnt der 6-stündige Aufstieg, um gegen 10.00 Uhr die Aussicht vom Gipfel genießen zu können. Der Abstieg dauert nochmals vier Stunden. Für einen Aufstieg war es heute definitiv zu spät. Ein paar Kilometer weiter frühstückte ich im Schatten eines Baumes. Heute galt es wieder ein paar Steigungen zu bewältigen. Diese kosteten mich Kraft und die brennende Sonne dörrte mich förmlich aus. Aber die immer noch spektakuläre Landschaft entschädigte für die Qualen.

Nach 50 Kilometer fragte mich ein Kubaner, ob ich ein "refrecso natural", eine selbstgemachte Limonade, zur Erfrischung wünschte. Ich nahm das Angebot dankend an. Die kalte Limonade schmeckte mir so gut, dass ich zwei Liter in 15 Minuten förmlich in mich hineinschüttete. Kaum saß ich wieder auf dem Rad, revoltierte mein Körper. Er konnte die Limonade oder die große Menge an Flüssigkeit überhaupt nicht verarbeiten. Mir war speiübel. Ich ging davon aus, dass sich das schnell wieder legen würde, wenn ich einfach eine halbe Stunde weiterradelte. Ich zwang mich dazu diese halbe Stunde durchzuradeln, aber es half nichts. Ich Schatten von paar Büschen legte ich mich eine halbe Stunde ins Gras. Das half zumindest soweit, dass zumindest das Gefühl mich permanent, übergeben zu können weg war, aber ich war jedoch total kraftlos. Aber die großartige Landschaft ließ ich mir nicht entgehen! Die Strecke war weiterhin sehr schön. Rechts und links der Straße blühte es und die Küstenstraße mit ihren Felsformation war sehr reizvoll. Jetzt schleppte ich mich weiter vorwärts und entschied mich, die Tagesetappe zu beenden.

Im Cycling Cuba Reiseführer ist die Unterkunft "Villa Punta de Piedra" beschrieben, und diese sollte jetzt mein heutiges Ziel werden. Die Bungalows direkt am Strand sahen recht nett aus, allerdings wurde dieses Hotel zur Zeit renoviert und war geschlossen. Ein Arbeiter gab mir eine Adresse von einer illegalen Unterkunft im nächsten Ort Pilón. Nach weiteren zehn schweren Kilometern erreichte ich den Ort. Um 15.30 Uhr beendete ich die Tagesetappe. Die restlichen 40 Kilometer mit der Überquerung der ca. 250 Meter hohen Ausläufern der Sierra Maestra hätte ich wahrscheinlich heute nicht mehr geschafft.

Die illegale Unterkunft war genauso teuer, wie die legalen Casas Particulares, aber man bekommt etwas weniger für das Geld geboten. Allerdings konnte man sich offener über die aktuelle Situation in Kuba unterhalten. Den restlichen Nachmittag las ich und unterhielt mich mit meinen Gastgebern. Die Gespräche drehten sich um die schwierige Lebenssituation in Kuba und im Besonderen in Pilón, nachdem dort der letzte große Arbeitgeber geschlossen wurde. Mit einem Gast der Familie unterhielt ich mich in Englisch. Er lernt diese Sprache, um sich für die Zeit nach der Revolution zu rüsten. Fußball war unser dominierendes Gesprächsthema.

Nach dem Abendessen ging ich mit der Tochter des Hauses zum Karneval. Ich war gespannt, was mich dort erwartet. Na ja, ich würde sagen, dass war ein ganz gewöhnliches Straßenfest, denn von Karneval war nichts zu sehen. Ich probierte Ostiones, kleine Austern in Tomaten- und Limettensauce. Diese schmeckten mir nicht besonders. Außerdem trank ich ein paar Bier aus Blechhumpen und probierte diverse kleine Speisen. Mit riesigen Lautsprechern wurde der Platz beschallt und neben dem Trinken war tanzen die Hauptbeschäftigung der Festbesucher. Nach einer Stunde hatte ich alles gesehen und da tanzen nicht meine Welt ist, fuhr ich mit einer Kutsche zurück. Da es in Pilón keine offizielle Touristenunterkunft gibt, war dies eine absolut untouristische Abendveranstaltung.


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